In der Vorzeit

Gehen wir nicht nur einige Jahrhunderte, sondern einige Jahrtausende zurück, so wird unsere Gegend wohl ganz anders ausgesehen haben als heute.

Die Mehrzahl der Gelehrten war immer der Ansicht, der Vorwald sei unbesiedelt gewesen. Dieser Irrglaube läßt sich heute nicht mehr aufrechterhalten, da Funde aus der Vorzeit eine andere Sprache sprechen. So wurde eine schone Steinaxt aus der Jungsteinzeit bei Aschau gefunden. Eine abgesplitterte Beilschneide aus derselben Zeit stammt aus Ruderszell. Ein sehr schöner Steinschaber aus der frühen Bronzezeit stammt von einem Feld zwischen Aschau und Stocksgrub. Schöne Hornsteinabschläge, meist jungsteinzeitlich, stammen von Feldern bei Postfelden, bei Herrnthann und beim Bergeshof. Schöne Abschläge fanden sich auch bei der Erweiterung des Sportplatzes in Rettenbach vor einigen Jahren. Sie waren begraben von den Erdmassen, die der Regen seit dieser Zeit von den Berghängen heruntergewaschen hat. (Deshalb sind auch in unserem Gebiet die Funde seltener als im Flachland.)

Alle Fundplätze liegen am Barhufer oder in der Nähe von Bärhen. So kann man schließen, daß Jäger oder Jägertrupps in grauer Vorzeit unser Gebiet durchstreiften, Wild jagten oder fischten und an den Ufern der Bärhe mehr oder weniger lang hausten. Ob Sie hier nur übernachteten, ob Sie den Sommer über im Vorwald lebten oder gar mehrere Jahre lang, laßt sich nicht feststellen. Man müßte noch mehr Funde entdecken. Jedenfalls waren schon vor Jahrtausenden Menschen hier und hinterließen Ihre Spuren.

Zwischen Haagthann und Eitenzell wurde vor einigen Jahren ein sogenanntes Schrazelloch entdeckt. Nun streiten sich aber die Wissenschaftler noch, aus welcher Zeit diese Erdställe stammen. Jedenfalls fand sich in diesem Erdgang ein ganzer Topf aus dem frühen Mittelalter und alle Spuren deuten darauf hin, daß der Erdstall um diese Zeit sorgfältig verschlossen wurde. So gut, daß erst ein Bulldog einbrechen mußte, um die Gänge wieder ans Tageslicht zu bringen.

Im Gemeindegebiet von Rettenbach liegen viele Felsbrocken herum, zum Arger der Landwirte, die oft nur die Behinderung sehen, zur Freude aber aller Wanderer, die solche Naturschönheiten genießen. Manche dieser Blöcke tragen schüsselartige Vertiefungen, auch Opferschalen genannt. Die Wissenschaftler sind sich noch nicht einig, ob diese Schalen tatsächlich von Menschenhand angefertigt wurden und dem Götterdienst dienten (Opferungen) oder ob Sie durch Verwitterung sozusagen zufällig entstanden. Der größte "Opferstein", im Volksmund "Wasserstein" genannt, steht westlich von Ruderszell einsam auf einer Wiese.