Ein Dorf verändert sich: Rettenbach in den letzten 100 Jahren
Im November werden sich wieder viele Menschen vor diesem kleinen Gebäude versammeln, an dem sonst alle nur schnell vorbeifahren: Der Volkstrauertag wird traditionell vor dem Kriegerdenkmal begangen.
1900 wurde in Rettenbach unter dem 1. Vorstand Martin Binder aus Rohrbruck der Krieger- und Veteranenverein Rettenbach gegründet (Schriftführer Hauptlehrer Wendelin Keck). Wahrscheinich hatte es auch vorher schon einen Kriegerverein gegeben, der aber keine Spuren hinterließ und vielleicht eher eine informelle Vereinigung war, so liest man es in der Festschrift zum 80jährigen Gründungsfest des Krieger- und Reservistenvereins (freundlicher Hinweis von Edmund Beiderbeck).
Traurige Aktualität erfuhr der Verein nach dem Ersten Weltkrieg, in dem 66 junge Männer aus der Gemeinde fielen. Hauptlehrer Keck, so heißt es, habe 1919 die Kriegsheimkehrer zu einem Abend unter dem Motto „Waffenbrüder“ geladen. Und wahrscheinlich hängt es auch mit den Verlusten dieses Krieges zusammen, dass in Rettenbach das Kriegerdenkmal gebaut wurde. Die kleine Kapellennische mit dem geschwungenen Dach und dem bekrönenden Kreuz zeigt ein aufwändiges Glasmosaik mit der Ölbergszene: Christus betet, die Apostel rechts unten sind schon eingeschlafen. Zu erkennen ist Petrus, der demonstrativ sein Schwert zeigt: mit diesem sollte er dann bei der Gefangennahme einem Diener ein Ohr abhauen, ehe Christus ihn ermahnte, die Waffe wegzulegen – eine interessante Wahl für ein Kriegerdenkmal.
Ein Foto aus dem Besitz von Maria Stangl, die im vergangenen Jahr verstorben ist, zeigt dieses Kriegerdenkmal wohl noch im weitgehend originalen Zustand: Unmittelbar an die Ölbergszene schloss wohl eine Namenstafel der Gefallenen an. Leider ist das Bild rechts beschädigt, aber es zeigt, dass an improvisierten Holzlatten gerahmte Bilder junger Männer gehängt wurden. Damit stammt es wohl aus den Jahren des Zweiten Weltkrieges: Wenn eine Familie eine Todesnachricht von der Front erhielt, so ließ diese ein größeres Bild des Gefallenen anfertigen – dieses wurde dann im Haus „aufgebahrt“, in der Pfarrkirche beim Requiem aufgestellt und anschließend ans Kriegerdenkmal gebracht, so die Chronik der Gemeinde Rettenbach von Irmtraud und Peter Kulzer.
Ein Foto von Alfons Schambeck von 1964 zeigt den Zustand des Kriegerdenkmals nach dem Ende des Krieges: Nach 1945 waren offenbar die Malereien in der Kapellennische verändert worden, und zu beiden Seiten listen nun dunkle Steintafeln die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges.
Heute nimmt ein großer Granitblock mit Blumenkasten das Zentrum des Kriegerdenkmals ein, die Wände sind mittlerweile nur mehr schlicht weiß getüncht.